Hallo Raketen!
Nun ist es also soweit – der Herbst ist fast vorbei und wir steuern immer mehr auf Weihnachten zu. Zeit um ruhiger zu werden und die Abende eingekuschelt mit seinem Partner auf der Couch zu verbringen. Hach, wär das schön! Leider geht das nicht bei mir, denn ich habe einen DJ als Freund…
Die Woche ist geschafft und alle Pärchen planen ihr gemeinsames Wochenende. Freunde treffen, Familienfeiern, Kurzurlaub.. Aber sowas ist den DJ-Freundinnen leider nicht vergönnt, denn die werden die Abende ohne ihren Freund verbringen. Da kann man sich dann aussuchen, ob man allein auf der Couch sitzt oder mit Freundinnen um die Häuser zieht – wenn sie nicht gerade etwas mit ihrem Freund unternehmen, der natürlich zuhause ist.
Ja, ja – wie oft habe ich schon den Satz gehört:
„Boah, wie cool, du hast ja einen DJ als Freund, da kommst du ja überall kostenlos rein, kriegst Getränkemarken und darfst hinter’s Pult!“
Ja, das mag ganz cool sein, aber die Realität sieht ein bisschen anders aus.
Stellt es euch etwa so vor:
1. Du fährst mitten in der Nacht circa zwei Stunden zum Gig (meistens wird vorgeschlafen, denn ich bin ja nicht mehr die Jüngste)
2. Du sitzt (in diesem Fall) mit zwei Künstlern im Auto, die sich meistens über Musik unterhalten und du verstehst gar NICHTS (Ich habe auch nach 5 Jahren noch immer keine Ahnung von Beatgridding und Automationen), deswegen schalte ich irgendwann ab und schaue mir die Felder neben der Autobahn an und nicke nochmal kurz ein
3. Du wirst geweckt und wankst leicht verschlafen Richtung Club
4. Natürlich stellen wir uns nicht in der Schlange an, sondern gehen an allen vorbei. Die Blicke der wartenden Gäste drücken folgendes aus:
„Pfff, die schläft doch auch nur mit einem DJ damit er die auf die Gästeliste setzt!“
„Na super, die stellt sich nicht mal an und wir müssen hier schon eine Stunde warten – doofe Kuh!“
5. Jetzt, wo du das Partyvolk auf deiner Seite hast musst du dir einen Weg durch die Massen bahnen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn du hast noch immer deine Jacke an (wer schläft schon ohne Jacke im Auto), deswegen fängst du bei den 1000 Grad Clubtemperatur an zu schwitzen, dein Freund rennt vorne weg und du hast zu tun, dass du an ihm dran bleibst. Denn, ihr müsst wissen, DJ’s werden ehrfürchtig vorbei gelassen. Dies gilt nicht für DJ-Freundinnen.
Wenn du es dann trotz Strobo, Nebel und 1000 dB durch die Massen geschaffst hast, gibt es noch eine Hürde. DAS PULT – denn manchmal sind die Dinger viel höher als der Floor und für eine Treppe hat es oft nicht mehr gereicht. So, und dann spring doch mal halb verschlafen und mit Tränen in den Augen (von dieser bekloppten Nebelmaschine, die natürlich direkt vor dem Pult angebracht ist!) noch irgendwie grazil auf das Pult. Glaub mir, du schaffst es nicht! ALLE gucken dir zu wie du dich blamierst. Wie oft ich mich schon geschämt habe.
6. Jetzt musst du dich erstmal ganz hinten verstecken und endlich die Jacke ausziehen. Puuuh. Durchatmen. Kippe an. Erstmal was trinken! Die Bar ist aber nicht hier, zumindest nicht AUF dem Pult. Ok, dann trink ich eben nichts.
7. Da oben wird es jetzt kuschlig, denn neben dir stehen noch die anderen Dj’s die gerade auflegen mit ihren Freunden. DJ-Freundinnen nicken sich oft mitleidig zu.
8. Nun beginnt das Warten. Die Jungs bauen ihr Musikzeugs auf. Ich erkenne davon nur den Laptop oder Plattenspieler.
9. In der Zeit nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und hole den Jungs und vorallem mir etwas zu trinken – ich habe ja eh gerade nichts anderes zu tun.
Wie ihr euch vorstellen könnt wird der Rückweg (und Aufstieg!) zum Pult noch graziler, wenn man 3 Getränke in der Hand hat. Oh man. Ach egal – ich lächle meinen Cuba Libre an und ignoriere das Getuschel und Gekicher hinter mir.
10. Jetzt folgt der meist zweistündige Gig, wo dein Freund keine Zeit für dich hat, weil er ja arbeiten muss. Jippi.
11. Was ich in 5 Jahren Beziehung gelernt habe – sprich NIEMALS einen DJ an, der gerade Kopfhörer auf hat, er macht nämlich gerade den Übergang! Wenn du also nicht lebensmüde bist, dann verhälst du dich ruhig.
12. So, und nun hast du die Wahl – entweder du machst die Getränkemarken leer oder stehst zwei Stunden hinter dem Pult und schaust dumm aus der Wäsche, weil alleine tanzen ist irgendwie auch komisch.
13. Während des Gigs wirst du oft als Wasserholer von den DJ’s benutzt. Oft wird man auch vom Partyvolk dazu genötigt Musikwünsche an die DJ’s weiterzugeben.
„Ey, können die mal was von David Guetta spielen?“ Lass mich kurz nachdenken – Nein!
14. Irgendwann kommt dann der nächste DJ vom Line-up und beginnt hinter dem Pult herumzuwuseln, d.h. du stehst im Weg.
15. Geschafft! Es wird abgebaut und man geht zur Abrechnung. Wenn man Glück hat gibt es Backstage Schnittchen und etwas zu trinken
16. Nach dem Gig darfst du Fotos von den Fans und deinem Freund machen – du bist ja einmal da. Ja, na klar, meine Liebe – ich mach voll gern das Foto wie du meinen Freund umarmst mit deinem riesen Ausschnitt. Kein Problem.
17. So, das war’s. Man verabschiedet sich und dann: Auto. Sicherheit. Ruhe. Schlafen. Du wirst wieder zwei Stunden nach Hause gefahren ODER zum nächsten Gig, wo sich dann alles wiederholt – das wäre dann die Höchststrafe. Doppelgigs mache ich nicht mehr mit. Nein … Nein!
18. Endlich! Man liegt irgendwann gegen 7 Uhr im Bett und schläft bis Nachmittag. Der Sonntag hat sich dann erledigt.
Fazit: Ich war auf unzähligen Gigs – es waren sehr oft tolle Abende dabei. Vorallem wenn man noch ein paar Freunde dabei hat, dann ist alles nur noch halb so schlimm. :)
Aber es ist eben nicht immer alles super als DJ-Freundin. Also, wenn ihr das nächste Mal auf einer Party seid und hinter dem Pult eine etwas missmutige Frau alleine stehen seht – lächelt sie ruhig mal an oder unterhaltet sie ein bisschen. Denn sie hat gerade eh nichts anderes zu tun. :)
Ich wünsche euch noch ein vantastiquen Tag.
Dieser Artikel ist in meiner monatlichen Freshguide Kolumne erschienen.
Edit: Seit 2016 keine DJ-Freundin mehr.